Wie bereits vielfach den Medien zu entnehmen war, hat sich Microsoft entschlossen, mit der Markteinführung von Windows 7 in Europa ein Betriebssystem ohne vorinstallierten/integrierten Browser auf den Markt zu bringen. Hintergrund dazu ist ein dahingehendes “Statement of Objections” der EU Wettbewerbsbehörde, welche in dem Bundling zwischen Windows und Internet Explorer einen Wettbewerbsverstoß vermutet.
Soweit die Fakten. Aber wem soll denn eigentlich das EU Wettbewerbsrecht nützen? Dem Konsumenten etwa? Aber nicht doch! Dem Mitbewerb natürlich – das ist ja auch bereits implizit im Begriff enthalten 😉 Also freuen sich jetzt all die potenten Internet Explorer Wettbewerber in der EU, dass es ab Herbst im Windows Betriebssystem keinen vorinstallierten Browser gibt und sich die Konsumenten fürderhin selbst um die Anschaffung einer Vorrichtung kümmern dürfen, welche die Anzeige von Internetseiten ermöglicht. Die spannende Frage “Wie komme ich ohne Browser zu einem Browser?” ist dabei auch noch gesondert zu beantworten.
Nur, von welchen Mitbewerbern sprechen wir überhaupt? Vom norwegischen Nischenanbieter Opera etwa? Nicht wirklich. Wir sprechen im wesentlichen von Mozilla Firefox und damit von Google, an dessen finanziellen Tropf Mozilla hängt. Wir sprechen von einem Microsoft Mitbewerber, der sich in den letzten Jahren auch ohne konsumentenfeindliche Massnahmen der EU ausnehmend gut entwickeln konnte und – wie ich bereits im Februar in meinem Blog geschrieben habe – seine Marktanteile über die letzten 5 Jahre ungestört ausbauen konnte und im deutschsprachigen Raum sogar bereits den IE Anteil überholt haben soll (siehe die dahingehende Jubelmeldung im heutigen WebStandard). Klingt nicht unbedingt nach einer Marktsituation, die nach Regulierung schreit. Aber bitte, ich bin kein Wettbewerbsrechtler und kann das natürlich nicht beurteilen. Schon gar nicht bin ich ein EU Wettbewerbsrechtler…
Schade eigentlich. Andere US Konzerne wie beispielsweise Google investieren derzeit massiv in deren eigene gut bezahlte Anwälte für EU Wettbewerbsrecht. Stellt die EU doch ein perfektes und willfähriges Spielfeld für deren eigenes Monopoly dar. Daher hat sich Google auch gleich als sog. “Intervener” den Parteienstatus für ein allfälliges EU Wettbewerbsverfahren gegen Microsoft gesichert, was deren eigene massive Interessensvertretung für Firefox und Chrome mehr als deutlich dokumentiert. Und damit werden sie im Verein mit den anderen Mitbewerbern von Microsoft – IBM, Oracle/Sun, Adobe & Co über den eigens dafür gegründeten Lobbying-Verein ECIS und natürlich die hier-nicht-fehlen-dürfende Freie Software Foundation – schon dafür sorgen, dass es nicht zu einer allzu schnellen Einigung kommen wird.
Übrigens: Auch wenn es dazu noch keine offizielle Kommunikation seitens Microsoft gibt, können Interessierte über die Beweggründe der Entscheidung auf dem von Microsoft eingerichteten “Microsoft On The Issues” Blog nachlesen.
P.S. Wem dieses Thema wie ein De ja vù vorkommt, trügen tatsächlich nicht die Sinne. Im US Kartellverfahren (1998 – 2003) gegen Microsoft war der Vorwurf der ungerechtfertigten Bündelung (“tying”) des Windows Betriebsystems und Internet Explorer tatsächlich der Auslöser des Verfahrens. Dieser Anklagepunkt wurde jedoch im weiteren Verfahren, in der Berufung, fallen gelassen und zugunsten Microsoft entschieden. Als Folge des US Kartellverfahrens hat Microsoft jedoch bereits seit 2003 die technischen und vertraglichen Freiheiten für PC Hersteller geschaffen, bei Windows den Browser ihrer Wahl vorzuinstallieren.
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