Sehnsuchtsort Büro

Wir brauchen nicht mehr Büro – sondern mehr Kreativ- und Innovationsformate

Zuhause oder im Büro: Wo wollen wir arbeiten und wie kommen wir zu den besten Ergebnissen? Die Diskussion darüber nimmt gerade massiv Fahrt auf. Im ganzen Land sind die Büros nun wieder komplett für ihre Mitarbeiter geöffnet, und es wird in zahlreichen Unternehmen über geeignete Modelle diskutiert. Elon Musk sorgte erst unlängst mit einer öffentlichen Ansage an Tesla-Beschäftigte für Schlagzeilen: Wenn jemand nicht für mindestens 40 Stunden pro Woche ins Büro komme, betrachte man das als Kündigung

Das ist der wohl größte denkbare Kontrast zu den Ideen von US-Professorin Dorie Clarke, die erst kürzlich in einem Zeitungsartikel beschrieb, warum sie uns auf dem Weg in ein „Zeitalter der radikalen Eigenverantwortung“ sieht. „Wir können entscheiden, wer wir sein wollen. Nie war es einfacher, sich zu bilden, neue Dinge zu lernen, sich anderen Bedingungen anzupassen. Durch das Internet haben wir mehr Möglichkeiten, uns weiterzuentwickeln, als jemals zuvor.“

Die Debatte ist in vollem Gange. Auch Musk hat dabei einen Punkt, der absolut nicht wegzudiskutieren ist: Innovation braucht persönlichen Austausch. Eine Studie, die wir bei Microsoft durchgeführt haben, kommt zu dem Ergebnis: Remote Work erschwert die Kommunikation zwischen Beschäftigten. Musk sagt: „Tesla hat und wird die aufregendsten Produkte der ganzen Welt entwickeln und produzieren. Das würde nie passieren, wenn wir nur telefonieren würden.“

In der Diagnose kann ich durchaus zustimmen, nicht allerdings in der Therapie. Mehr Büropräsenz ist als Lösung zu einfach. Das fördert zwar den Austausch, macht es aber zugleich schwieriger, Talente zu finden und zu binden. Inzwischen häufen sich die Beispiele, dass Beschäftigte im größeren Stil kündigen, wenn Präsenz angeordnet wird – und Unternehmen gerade bei jüngeren Fachkräften punkten, wenn sie die Arbeit aus dem Home Office ermöglichen. Wer die Kommunikation zwischen den Beschäftigten mit Büro-Vorgaben erkaufen möchte, zahlt einen hohen Preis. Und löst nicht automatisch das Problem.

Zu viele Büros im Lande stehen selbst für Alltag und Routine statt für Inspiration und kreativen Austausch. Wichtiger als die Reaktivierung alter Gewohnheiten ist es, neue Formate für Kreativität und Innovation zu schaffen. Dafür wird der persönliche Kontakt unverzichtbar sein, doch das ist keine Frage von „Entweder Büro oder Home Office“, sondern von einfallsreicheren Hybrid-Lösungen, die beides ermöglichen.

In diesem aktuellen Realexperiment müssen wir unsere Arbeitsweise und lang bewährte Konzepte der Zusammenarbeit und der Bewertung von Produktivität neu denken. Neue Denkweisen gedeihen, wenn Menschen das Gefühl haben, geschätzter Teil eines Teams und einer Vision zu sein. Das kann sehr gut, muss aber nicht unbedingt im Büro stattfinden!


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